(mein Instagrampost vom 11.06.2022)

Asyl in Deutschland

„Die SPD in Mecklenburg-Vorpommern hat sich darauf verständigt, die Menschen, die eine Bleibeperspektive und einen Rechtsanspruch haben, in Deutschland zu bleiben, bei der Integration in die Gesellschaft so gut wie möglich zu unterstützen. Das heißt für uns aber auch, dass Menschen, die keine Bleibeperspektive haben, zurückgeführt werden sollen.

Der Koalitionsvertrag der Bundesregierung kündigt für die laufende Legislaturperiode die Einführung eines sogenannten „Chancen-Aufenthaltsrecht“ an. Gemäß Koalitionsvertrag ist

gesetzgeberisch hierzu Folgendes beabsichtigt:

Menschen, die am 1. Januar 2022 seit fünf Jahren in Deutschland leben, nicht straffällig geworden sind und sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekennen, sollen eine einjährige Aufenthaltserlaubnis auf Probe erhalten können, um in dieser Zeit die übrigen Voraussetzungen für ein Bleiberecht zu erfüllen (insbesondere Lebensunterhaltssicherung und Identitätsnachweis gemäß §§ 25 a und b AufenthG).

Der Landtag Mecklenburg-Vorpommern hat unter Bezugnahme auf die o. g. Ausführungen im Koalitionsvertag der Bundesregierung durch Beschluss vom 07.04.2022 die Landesregierung aufgefordert, den Beispielen anderer Länder zu folgen und einen Verwaltungserlass zu verfassen, der die Ausländerbehörden auffordert, bei Drittstaatsangehörigen, die die oben beschriebenen Kriterien erfüllen, Aufenthaltsbeendigungen zurückzustellen. Das Ministerium für Inneres hat die Landkreise dementsprechend informiert.“

Den obenstehenden Sachverhalt ist der Auszug aus der Antwort auf eine Anfrage von Pro Bleiberecht MV zur Abschiebehafteinrichtung in Glückstadt, die ich gemeinsam mit meiner Kollegin Dagmar Kaselitz verfasst habe. Der Brief wurde veröffentlicht und wird meinem Eindruck nach – aus welchen Gründen auch immer – ziemlich „frei“ interpretiert. Wie z. B. aus dem obenstehenden Wortlaut abgeleitet werden kann, dass Abschiebungen nicht mehr stattfinden, wenn nicht alle Voraussetzungen für zukünftig zu erwartende gesetzliche Regelungen vorliegen, kann nur der Verfasser dieser Behauptung wissen.

Daher möchte ich klarstellen:

Die Rechtsgrundlage für den sog. „Chancen-Aufenthalt“ ist noch nicht geschaffen worden. Die Aufforderung der Landesregierung an die Landkreise – entsprechend des Landtagsbeschlusses vom 7.4.2022 – bei Vorliegen der Kriterien Aufenthaltsbeendigungen zurückzustellen, ist erfolgt. Eine Aufforderung ist jedoch keine rechtsverbindliche Vorschrift. Und ohne Rechtsgrundlage muss die Ausländerbehörde eines Landkreises der Aufforderung auch nicht zwangsläufig folgen. Und wir haben (siehe oben) nicht behauptet, dass das in jedem Fall geschieht.

Am Freitag vor Pfingsten wurde ich über Instagram auf den konkreten Fall eines in Glückstadt in Abschiebehaft befindlichen Mannes aufmerksam gemacht, der sich bereits seit 7 Jahren in Deutschland aufhalten und darüber hinaus gut integriert sein soll. Seine Abschiebung stehe unmittelbar bevor, so der Vorwurf.

Dem bin ich unverzüglich nachgegangen. Die zuständigen Stellen haben meine Anfrage dazu umgehend bearbeitet und kurzfristig das Ergebnis ihrer Prüfung mitgeteilt. Im konkret benannten Fall stellte sich die Sachlage zu den Stationen des 7-jährigen Aufenthalts der betroffenen Person in Deutschland allerdings so dar, dass die Voraussetzungen für einen Chancen-Aufenthalt objektiv nicht erfüllt sind, so bedauerlich ich persönlich das auch finde. Selbst wenn die Rechtsgrundlage in der angekündigten Form bereits Bestand hätte, ist m. E. davon auszugehen, dass die Abschiebung mit Verweis auf diese nicht hätte verhindert werden können.

Unsere komplette Antwort auf die Anfrage von Pro Bleiberecht MV stelle ich auf meiner Webseite (link in Bio) zum Download bereit.

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